Gerade flattert über die NZZ und SpOn die Nachricht herein, dass Udo Jürgens heute Mittag im Alter von 80 Jahren gestorben ist. Da ist jemand gegangen, der mich mein ganzes Leben lang begleitet hat. Ob im Radio oder im Fernsehen oder von meinem Vater geträllert, Udo Jürgens war immer da.
Den ersten Tonträger bekam ich mit 10 Jahren in die Hände. Es war die Doppel-Live-LP "Meine Lieder sind wie Hände", die später leider nie auf CD erschien. Eigentlich gehörte sie meinem Vater, bei mir im Plattenschrank bekam sie aber dauerhaftes Wohnrecht (bis heute) und lief eine Zeitlang rauf und runter. Unter anderem war darauf "Tausend Jahre sind ein Tag" zu hören, das ich schon von der Fernsehserie "Es war einmal ... der Mensch" kannte. Noch viel begeisterter und völlig ergriffen war ich aber vom epochalen Werk "Wort". Nummern wie "Es darf gelacht werden" und "Disco-Stress" haben mich gleich zum Mitgrölen animiert. Kurzum, ich wurde Fan.
Wenig später entdeckte ich im örtlichen Supermarkt die brandaktuelle Kassette "Willkommen in meinem Leben" und hab gleich mein komplettes Taschengeld investiert - möglicherweise mit elterlicher Unterstützung, weiß ich nicht mehr genau. Heulen konnte ich bei Songs wie "Der gekaufte Drache", auch wenn das mit meinem Leben nichts zu tun hatte. Aber die Geschichte war so meisterlich erzählt, dass sie direkt ins Herz ging. "Atlantis" erzeugte die tollsten Bilder im Kopf und das Highlight war natürlich "Vielen Dank für die Blumen", wieder einmal aus dem TV bekannt. Und gerade frage ich mich, ob Gaby wohl immer noch im Park wartet...
1982 kam "Silberstreifen" raus und wieder schnappte ich mir die Kassette im Supermarkt meines Vertrauens.
Für die Gänsehaut sorgten diesmal "5 Minuten vor 12" und "Ich bin dafür", für den Spaß sorgten "Die Glotze" und "Schnucki Putzi" und zum Verbündeten für meine Zukunft wurde Udo Jürgens mit "Ich bin dafür". Eine Wiedergeburt erlebte 2009 "Ich war noch niemals in New York", das mich schon damals die Verbindung von Bohnerwachs und Spießigkeit lehrte.
Etwas später erwarb ich im Horten in Pforzheim noch eine Kassette mit auch damals schon alten Liebesliedern, teilweise sehr schnulzig, aber sehr berührend. Ob mir die bei meinem Liebeskummer in der fünften Klasse damals eher half oder ihn exponentiell verschlimmerte kann ich heute nicht mehr sagen. Aber ich konnte mir beim Hören der Kassette unendlich leid tun.
Dann kamen einige Jahre, in denen ich mich zwar immer freute, wenn ich Udo Jürgens irgendwo sah oder hörte, weitere Alben hab ich aber erst viel später wieder gekauft. Vor allem die Live-Alben haben es mir angetan. Der Meister beim Verrichten seines Handwerks.
2011 ereilte mich der Gedanke, dass Udo Jürgens ja doch auch schon ziemlich betagt ist und ich ihn gerne noch mal live sehen würde. Also kaufte ich Karten für Stuttgart und am 25.02.2012 war es dann soweit. Er spielte und wir lauschten. Unfassbar, wieviel Energie in diesem alten Mann steckte. Klar hat man ihm angemerkt, dass er sich etwas steifer bewegte, aber das spielte keine Rolle. Er zog uns in seine Musik und ließ uns erst ganz am Ende des Konzertes wieder raus. Was für ein faszinierender Mann.
Ich ziehe den Hut und sage Danke für die vielen Emotionen.